Postscript und TrueType

Zwei Technologien beherrschen heute den Schriftenmarkt

Wer heute mit Text- und DTP-Programmen arbeitet, muß sich ganz zwangsläufig mit dem Thema Schrift und Fonttechnologie befassen. 1981, als der erste Computer auf MS-DOS-Basis vorgestellt wurde, dachte an diese beiden Begriffe noch kein Mensch.

Damals konnte nur der IBM-Zeichensatz am Bildschirm dargestellt und ausgedruckt werden. Schon wenige Jahre später änderte sich dies mit der Erfindung der Seitenbeschreibungssprache PostScript, die heute in der Computer- und Druckindustrie zum internationalen Standard zählt. Denn PostScript ist geräteunabhängig und führt auf jedem postscriptfähigen Drucker oder Filmbelichter zum selben Ergebnis.

Basis der PostScript-Schriften sind sogenannten Bezier-Kurven, mit denen der Aufbau eines Zeichens exakt beschrieben werden kann. Ursprünglich wurde diese Technik von dem französischen Erfinder Pierre Bezier für den Auto-Konzern Renault entwickelt, um damit Karosserierundungen zu berechnen.

Bei PostScript wird dabei der Umriss (sogenannte Outline – daher auch der Begriff Outline-Fonts) eines Zeichens definiert und dann aufgrund dieser Angaben ausgefüllt. Der Speicherplatz für diese Beschreibungsart ist relativ gering, da lediglich die Ankerpunkte und die dazugehörigen Kurven beschrieben werden müssen. Ein weiterer großer Vorteil ist zudem, daß sich die Zeichen beliebig vergrößern oder verkleinern lassen, da die mathematischen Beschreibungen für sämtliche Größen gültig bleiben.

Ein weiterer Meilenstein der Fonttechnologie war dann die Vorstellung des Adobe TypeManagers (ATM). Dank PostScript konnte der Anwender die Schriften zwar nunmehr auf dem Drucker in beliebiger Qualität ausdrucken. Auf dem Bildschirm wurden die Schrift jedoch bis dahin nicht dargestellt. Der ATM machte die Darstellung der PostScript-Fonts jetzt auf dem Bildschirm möglich.

Wie bei den Drucker-Fonts wird auch bei den Bildschirm-Fonts der Aufbau über Ankerpunkte und Bezier-Kurven gesteuert. Deshalb können die Zeichen auf dem Bildschirm beliebig vergrößert und verkleinert werden. Der ATM erzeugt die Schriften dabei übrigens “on-the-fly”. Erst wenn man die Schriften wirklich benötigt, werden im Hintergrund die entsprechenden Zeichen generiert. Das geschieht so schnell, daß der Anwender kaum etwas davon merkt.

Über einen Font-Cache kann dieser Vorgang noch weiter beschleunigt werden. Nicht zuletzt bietet der ATM noch einen weiteren entscheidenden Vorteil. Postscript-Schriften lassen sich via ATM auch auf “normalen” Laser- und sogar Matrixdruckern ausgeben.

Ende 1989 dann verkündete Microsoft-Chef Bill Gates die Entwicklung einer neuen Fonttechnologie. Mit Windows 3.1 wurde die neue TrueType-Technologie nunmehr erstmals praktisch eingesetzt.

TrueType-Schriften sind wie die Postscript-Schriften Outline-Fonts, die jedoch durch einen schnelleren Algorithmus berechnet werden können. Dazu verwendet TrueType die sogenannten quadratischen B-Splines zur Definition aller nicht geraden Elemente eines Zeichens, die sich schneller berechnen lassen als Bezier-Kurven, jedoch auch mehr Ankerpunkte benötigen.

Weil TrueType-Schriften deshalb mehr Informationen beinhalten müssen, benötigen sie auch mehr Speicherplatz. Der Aufbau der Zeichen erfolgt jedoch merklich schneller.

PostScript-Schriften und TrueType-Schriften vertragen sich übrigens beim Einsatz in Dokumenten und arbeiten friedlich miteinander. Aufpassen muß man jedoch bei den Schriftenbezeichnungen, die bei TrueType aus urheberrechtlichen Gründen anders lauten. So heißt zum Beispiel die PostScript-Schrift Helvetica bei TrueType Arial.

Dank TrueType wird der Anwender nunmehr endlich mit einer Übereinstimmung von Bildschirm- und Druckausgabe verwöhnt. Das WYSIWYG-Prinzip ist damit ein ganz gewaltiges Stück vorangekommen. Dennoch wird TrueType wahrscheinlich auf lange Zeit PostScript nicht verdrängen können. Das gilt insbesondere für den Druckbereich, wo PostScript aufgrund der Technologie ein derzeit nicht wegzudenkender Standard ist. TrueType ist allerdings auch ein Beispiel für das Zusammenwachsen der PC- und der Apple-Welt. Apple’s System 7.0 ist wie Windows 3.1 ebenfalls mit TrueType ausgerüstet.

Redaktion: Helmut Peters