Dämmstoffe: Die Qual der Wahl

Die Schere zwischen Ökologie und Ökonomie klafft manchmal weit auseinander. Das gilt natürlich auch für den Bereich der Dämmstoffe. Nicht alles, was da zum Beispiel teuer unter dem Begriff Bio-Dämmstoffe verkauft wird, ist unter dem Strich auch eine bautechnisch empfehlenswerte Dämmung. Andererseits können billige Lösungen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Die Qual der Wahl ist da nicht immer leicht.

Bevor man über Dämmstoffe spricht, sollte man wissen, was Dämmstoffe alles bewirken und leisten müssen. Immerhin lassen die Einführung, bzw. die ständigen Verschärfungen der Wärmeschutzverordnungen heute fast keine Lösungen mehr zu, bei denen auf eine Wärmedämmung von Gebäuden verzichtet werden kann. Aber auch durch das gestiegene Umweltbewusstsein gewinnen Wärmedämmstoffe eine immer stärkere Bedeutung.

Für die Wärmedämmeigenschaften eines Baustoffes ist die sogenannte Wärmeleitfähigkeit entscheidend. Die Maßeinheit ist W/mK und wird mit Klein-Lambda abgekürzt. Je kleiner dieser Wert, umso besser die Wärmeeigenschaften des Baustoffes. Bei einem Einsatz von Dämmstoffen zwischen Bereichen mit trockener, bzw. feuchter Luft (wie im Dachgeschoss zum Beispiel) ist auch die Dampfdiffusionszahl zu beachten. Ist sie niedrig, muss eine Dampfsperre vorgeschaltet werden.

Für den Schallschutz dagegen ist das Federungsvermögen des Dämmstoffes entscheidend. Je kleiner dieser Wert, desto besser der Schutz gegen (Tritt-) Schallübertragung.

Wer nach alternativen Dämmstoffen  sucht, wird zwischenzeitlich eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Produkte finden.  Für die Herstellung werden in der Regel Materialien verwendet, die aus natürlichen Quellen stammen und für die Gesundheit des Menschen unbedenklich sind. Generell sollte man bei biologischen Dämmstoffen nur solche einsetzen, die auch eine baurechtliche Zulassung haben. Doch Vorsicht! Auch bei den ökologischen Dämmstoffen steckt der Teufel im Detail.

Natürlich Natur

Ein alternativer Dämmstoff der Zukunft steht auf der Weide und macht Mäh. Gemeint sind damit Dämmstoffe aus 100% Schaf- oder Schafschurwolle. Bei der Herstellung wird die Schafwolle zunächst mechanisch (also ohne Bindemittel) verfestigt und anschließend mit Brand- und Mottenschutz versehen. Dafür wird in der Regel Borsalz verwendet. Borsalz ist gegenüber dem Menschen nicht giftiger als Kochsalz. Und da es ein Mineralsalz ist, bleibt es im Dämmstoff verankert und ist nicht flüchtig.

Dämmstoffe aus Schafwolle besitzen übrigens hervorragende Wärme- und Schallschutzwerte. Und lassen sich auch von Heimwerkern problemlos verarbeiten. Zwar versprechen manche Hersteller, dass man im Falle der Entsorgung das Material auf den  normalen Komposthaufen werfen könne. Doch sollte man solche Aussagen eher vorsichtig bewerten.

Ebenfalls im Trend liegen Dämmstoffe aus Hanf- und Flachsfasern. Flachsfasern gelten als gut wärmedämmend und schallabsorbierend. Aus ökologischer Sicht haben Hanf- und Flachsfasern ebenfalls eine ganze Reihe von Vorteilen: Sie wachsen nach und lassen sich problemlos kompostieren. Da keine lungengängigen Mikrofasern vorhanden sind, ist auch keine Gesundheitsgefährdung gegeben.

Aus bautechnischer Sicht besitzen Dämmstoffe aus Hanf oder Flachs eine hohe Formbeständigkeit, schrumpfen also nicht im eingebauten Zustand. Durch natürliche Bitterstoffe sind die Dämmstoffe von Natur aus resistent gegen Schädlingsbefall durch Insekten oder Nagetiere. Wissen sollte man jedoch auch, dass Flachsfasern aufgrund ihrer leichten Entflammbarkeit mit Ammoniumphosphat imprägniert werden. Über dessen Auswirkungen für die Gesundheit ist derzeit immer noch wenig bekannt. Auch sind diese Dämmstoffe trotz ihrer vielen Vorteile immer noch relativ teuer. Das liegt vorwiegend daran, dass die Anlagen zur Fasergewinnung momentan noch sehr kostenintensiv sind.

Beim Einsatz von Kokosfasern wird deutlich, wie schnell ökologische Grenzen schwinden können. Naturbelassene und damit ungiftige Kokosfasern sind relativ selten. Weit verbreiteter sind dagegen Kokosfasern, die mit Bitumen behandelt sind oder aber solche, die für den Seetransport mit Pilzgiften besprüht wurden. Kokos ist also nicht jeweils mit Kokos gleichzusetzen. Da Kokos besonders leicht brennbar ist, muss eine mindestens 20 Millimeter starke Feuerbremse eingebaut sein.

Kork ist ebenfalls derzeit ein recht beliebter Dämmstoff. Aus Wärme- und Schallschutzsicht bietet Kork gute Werte. Und da Kork ebenfalls optisch eine gute Figur macht, wird er auch vielfach als dekorativer Wand der Fußbodenbelag eingesetzt. Kork ist zwar verrottungs- und fäulnisfest, nicht aber resistent gegen Pilzbefall. So wird Kork denn auch fast ausschließlich imprägniert angeboten. Wer also negative Auswirkungen für die Gesundheit vermeiden möchte, sollte im Detail prüfen, was im Kork steckt.

Was machen Sie mit alten Zeitungen? Was früher einfach unsortiert in die Mülltonne wanderte, wird heute separat gesammelt und erneut genutzt. Zum Beispiel als Dämmstoff. Die Herstellung dieser sogenannten Zellulose-Dämmstoffe ist eigentlich sehr unkompliziert. Altes Zeitungspapier wird durch Mahlen und Zerfasern zerkleinert und nach Zugabe von Borsalzen verdichtet. Die Borsalze schützen gegen Entflammbarkeit und Schädlingsbefall. Wie bei anderen mit Borsalzen ausgerüsteten Dämmstoffen verbleibt die Imprägnierung dauerhaft in der Dämmung, beeinträchtigt also auch nicht die Raumluft.

Durch die perfekte Luftdichtung gelangen auch keine Stäube in die Innenräume. Bleibelastungen durch die für den Druck von Zeitungen verwendeten Druckfarben muß man ebenfalls nicht befürchten, da die für den Druck von Zeitungen verwendeten Farben heute nicht mehr bleihaltig sind. Zellulose-Dämmstoffe werden übrigens im Vergleich zur Verarbeitung von anderen Dämmstoffen passgenau in die jeweilige Konstruktion eingeblasen, aufgeblasen oder aufgesprüht. Da das Material im verbauten Zustand formstabil bleibt, also nicht zusammensackt, sind Hohlräume nicht zu befürchten.

Dämmstoffe aus Holzweichfasern gelten als vollkommen gesundheitsunschädlich. Hergestellt werden sie aus unbehandelten Weichholzresten. Die Holzreste werden zerkleinert und zerfast, mit Wasser angerührt, in Form gebracht und getrocknet. Als Bindemittel dient meist ein Holzharz. Holzweichfaser-Dämmstoffe werden in der Regel als Platten oder in Form einer Schüttung weiterverarbeitet. Sie sind verrott- und kompostierbar, jedoch auch relativ feuchteempfindlich. Als Unterdach werden Weichfaserplatten mit Bitumen oder Paraffin imprägniert. Im Innenausbau unbitumiert als Wärme- oder Trittschalldämmung. In Flockenform kann der Dämmstoff auch im Einblasverfahren eingebracht werden. Eine Nachteil aus ökologischer Sicht ist die relativ energie-intensive Herstellung. Was ganz nebenbei für fast alle Dämmstoffe gilt.

Baumwolle wird ebenfalls als Dämmstoff eingesetzt. Das in losen Bahnen gelieferte Material ist – wie bei solchen Stoffen allgemein üblich- mit Borsalz aus Brandschutzgründen versetzt.

Spricht man über organische Dämmstoffe, so muss man auch jene erwähnen, die aus Mineralöl gewonnen werden und in der Diskussion über natürliche Dämmstoffe in vielerlei Hinsicht einen schlechten Stand haben. Dämmstoffe aus Polystyrol oder aber Polyurethan zählen beispielsweise dazu.

Polystyrol ist ein Erdölprodukt und wird durch Polymerisation von Styrol (giftig) gewonnen. Das Endprodukt ist „ungiftig“. Im Brandfall wird allerdings Styrol freigesetzt. Das Material ist zwar preiswert und leicht zu verarbeiten, jedoch auch nur bedingt recyclefähig.

Polyurethan (PUR) wird ebenfalls aus Erdöl hergestellt und durch Polyaddition von zweiwertigen Alkoholen und Isocyanaten (giftig) gewonnen. Als Treibmittel werden inzwischen nicht mehr FCKW sondern Pentan und Kohlendioxid eingesetzt. Dämmstoffe aus Polurethan sind sehr preiswert und weisen gute Dämmeigenschaften auf. Allerdings, wer auf  Chemie verzichten will oder gar muss, sollte andere Alternativen prüfen.

Wolle mal ganz anders

Dämmstoffe aus Glas- oder Steinwolle sind ebenfalls in den letzten Jahren besonders arg in Bedrängnis gekommen. Bei Glasfasern wurde in Tierversuchen eine krebserregende Wirkung festgestellt. Zwar haben die Hersteller zwischenzeitlich andere Zusammensetzungen und Herstellungsverfahren. So  ist zum Beispiel eine neue Produktlinie mit geänderter chemischer Zusammensetzung  der Glaswolle durch das Bundesarbeitsministerium vom Krebsverdacht befreit worden. Und auch die Hersteller von Steinwolle wehren sich gegen Krebsverdacht mit neuentwickelten „biolöslichen“ Faser (Ki 40), die sich in der Lunge auflösen. Ganz wohl kann dem ökologisch gesinnten Menschen trotz aller Versicherungen dennoch nicht sein. Denn sowohl bei Glaswolle wie auch bei Steinwolle werden die Fasern immer noch mit formaldehydhaltigen Zuschlägen gebunden und geformt. Generell sollte man auf jeden Fall bei der Verarbeitung einen Mundschutz tragen.

Aus den tiefsten Tiefen der Erde

Vulkanischen Ursprungs ist das Ausgangsgestein für Perlite. Durch Erhitzen entweicht das chemisch gebundene Wasser und das Rohmaterial wird auf das 15-20fache Volumen aufgebläht. Perlit-Gestein ist weitestgehend gesundheitsunschädlich, da es kaum staubt und keine Schadstoffe ausgast. Es ist unverrottbar, lässt sich wiederverwenden und ist unter dem Strich ein besonders energie- und ressourcenschonender Dämmstoff. Leider jedoch bietet er keine besonders effektive Dämmung.

Perlite eignet sich besonders zum Ausfüllen von waagerechten Hohlräumen, wie zum Beispiel bei der Dämmung eines Dachfußbodens. Da sich die Perlite-Körner setzen, muß nachgefüllt und für eine entsprechende Dichtigkeit gesorgt werden. Perlite werden übrigens auch mit Bitumen-, Gips- oder Naturharzummantelung angeboten.

Ähnlich wie Perlite wird auch Blähton als Schüttdämmstoff eingesetzt. Zwar weist Blähton nicht ganz so gute Wärmedämmeigenschaften wie andere Dämmstoffe aus, hat dafür aber den Vorteil einer sehr hohen Druckfestigkeit.

Im Mittelpunkt: Der Mensch.

Der Mensch ist Teil der Natur. Und was ihr schadet, schadet letztlich auch ihm. Dieses Bewusstsein führt zu einem tiefgreifenden Wandel der Werte in allen Bereichen. Bei alledem gilt es jedoch immer einen guten Ausgleich zu finden.

Ökologie und Ökonomie schließen einander nicht aus. Dies gilt ganz klar auch für den Bereich der Dämmstoffe. Wer Bewährtes mit neuen Entwicklungen kombiniert, macht sicherlich nichts falsch. Umfassende Information und guter Rat im jeweiligen Einzelfall hilft entscheidend, Fehler zu vermeiden.

Redaktion: Helmut Peters