Kliedbruch “Gestern und Heute”

In den vergangenen 70 Jahren hat sich das Aussehen des Kliedbruchgebietes gewaltig verändert. Das früher dünn besiedelte Vorfeld von Krefeld ist heute eine aufgelockert bebaute Vorstadt.

Wenn man von der Hülserstraße den Wilmendyk oder den Krüllsdyk in Richtung Kliedbruch hinunterfährt, so erkennt man, daß das Gebiet des Kliedbruch wesentlich tiefer liegt als das der Stadt. Fährt man dann auf dem Hökendyk in Richtung Moerserstraße weiter, so erreicht dieser seinen tiefsten Punkt etwa 50 m vor der Kliedbruchstraße.

Damals, in den Jahren vor 1920 und auch noch einige Jahre danach, entstand westlich der Kliedbruchstraße bis in den Kühnenwald hinein und vom Hökendyk bis zum Minkweg etwa nach großen Wolkenbrüchen oder nach langen Regenperioden im Herbst jedesmal ein See mit knietiefem Wasser. Für die jugendlichen Anwohner war dies ein großes Vergnügen. Sogar mit der Badewanne konnte man Kahnfahren.

Die in dieser Zeit oder davor erbauten Häuser hatten wegen des hohen Grundwasserspiegels meist keinen Keller. Und nur ganz wenige hatten damals schon einen wasserdichten Keller. Viele dieser Häuser sind heute der modernen Bebauung gewichen. Zum Beispiel das Haus von Rieken, heute Kliedbruchstraße 73, oder das Piper’sche Haus an der Kliedbruchstraße – Ecke Minkweg, sowie das einzige Haus, welches dort stand, wo sich heute der Oelhausenweg befindet.

In den zwanziger Jahren wurde im Kliedbruch ein umfangreiches Grabensystem geschaffen und somit ein Großteil des Gebietes entwässert. Teile dieses Grabensystems bestehen heute noch. Nach und nach wurde nun mit der Bebauung begonnen. Das Buschhüterhaus auf der Kliedbruchstraße 71 entstand beispielsweise im Jahre 1911. Hier war der Bildhauer Röttges zuhause.

Nach weiteren Entwässerungsmaßnahmen in den dreißiger Jahren beginnt im Kliedbruch ein echter Bauboom. In dieser Zeit entstanden auf der Kliedbruchstraße sowie auf dem heutigen Krüllsdyk an der Einmündung in die Nordrangente die vom Architekten Kühnen erbauten Häuser. Viel gebaut wurde damals ebenfalls am Dahlerdyk, Hökendyk, Minkweg, Hohendyk und Winnertzweg. Früher befand sich übrigens auch noch ein kleiner Golfplatz an der Ecke Winnertzweg – Hökendyk.

Als ‘gute” Wohngegend wurde der Kliedbruch damals allerdings nicht gerade angesehen. Einer zu dieser Zeit bekannten Krefelder Fabrikantenfamilie wurde gesagt: “Was, in dieser armseligen Gegend wollen Sie Ihr Haus bauen?”

Wegen des hohen Grundwasserspiegels wurden viele der Häuser mit Keller in einer Bauweise mit erhöhter Parterre ausgeführt. Trotzdem mußten sich viele Familien mit Wasser im Keller abfinden. Oder es wurden die Kellerböden erhöht, mit dem Nachteil, daß die Keller nur für kleinwüchsige Leute problemlos begehbar waren.

Nordöstlich des Winnertzweges war noch keine Bebauung. Hier hatte der Bauer Schroers seine Felder. Die Ecke Winnertzweg – Minkweg war seinerzeit ebenfalls zu beiden Seiten noch nicht bebaut. Zwischen Dahlerdyk, Kliedbruchstraße sowie der heutigen Nordtangente und dem Reitweg befand sich Brachland. Die Häuser am heutigen Immenhofweg gab es auch noch nicht. 

Der Krieg setzte der Urbanisierung zunächst ein Ende. Einige Häuser wurden hier und da zerstört. Auf den Feldern des Heinrichhof-Geländes südlich des Flünnertzdyk errichtete man im 2.Weltkrieg eine Flakstellung. Hiervon zeugt noch die zwischen dem Heinrichshof und Luisenhof stehende Baracke mit der Trauerweide daneben, in der nach dem Kriege bis 1950 etwa eine fünfköpfige Familie wohnte. Die am Heinrichshof stehenden Betonrohre dienten damals als Munitionsbunker.

Auch der “Kühnen-Zirkus”, ein ganz aus Holz bestehendes, ehemaliges Gebäude eines amerikanischen Wanderzirkus, fiel einem Bombenangriff zum Opfer. Der “Kühnen-Zirkus’ befand sich etwa dort, wo heute der Kühnenhof ist.

An der Kliedbruchstraße – circa vom Hökendyk bis zum Minkweg – entstanden in den Kriegsjahren Behelfsheime für ausgebombte Familien. Unter den dort lebenden Leuten befand sich auch ein Original, den man “Kamps-Räuber” nannte. Er wurde durch Diebereien in Nachbars Garten und durch Wilderei im angrenzenden Wald bekannt. Wenn er erwischt wurde, konnte er ganz unschuldig tun. Wurde er aus dem Gefängnis entlassen und man fragte ihn, wo er denn so lange war, so antwortete er, er sei auf Montage gewesen.

Nach dem Kriege wurde allmählich weitergebaut. Die Behelfsheime wichen in den fünfziger Jahren der heutigen Bebauung. Auf den Wiesen des Heinrichshofes am Hökendyk gab es zu dieser Zeit meist im Herbst große Überschwemmungen, die dann im Winter zu großen Eisflächen wurden. Hier konnte man auch Eislaufen.

Die Gräben waren damals immer hoch mit Wasser gefüllt und oft stand das Wasser bis circa 20 – 30 cm unter halb der tiefsten Stelle des Hökendyks. Vor dem Krieg soll hier am Hökendyk ein betrunkener Radfahrer in einem gefüllten Graben ertrunken sein.

Auch am Sankert (Nähe Krefelder Sprudel) befand sich ein großes Feuchtgebiet, das man teilweise noch heute erkennen kann. Dort war im Winter die Eisfläche durch dicke Binsenbüschel unterbrochen. Wer als Eisläufer nicht in die Binsen geraten wollte, mußte Slalom fahren.

Mitte der fünfziger Jahre wurden die Wiesen vom Hökendyk bis zum Reitstall Heinrichshof mit Röhren zur Entwässerung versehen. Das Grundwasser sank in diesen Jahren durch die Drainage, Bergwerkstätigkeit und industriellen Verbrauch stark ab. Um landwirtschaftlichen Schaden durch Hochwasser auf Wiesen und Feldern zu reduzieren, wurde am Flünnertzdyk eine Wasserpumpstation errichtet.

Am Hökendyk standen damals noch annähernd doppelt so viele Kastanien wie heute. Jeder zweite Baum wurde seinerzeit gefällt, um den heute noch stehenden Bäumen Platz zu schaffen. Manche Baumstümpfe sind danach wieder ausgeschlagen. Ähnliches gilt für die Kopfweiden am Hökendyk, Nähe Breitendyk, von denen einige ihrem Alter, andere Autounfällen zum Opfer fielen.

Auch am damaligen Hohendyk (heute Krüllsdyk) zwischen Nordtangente und Breitendyk (mehr jedoch zum Breitendyk hin) standen mehrere Kopfweiden. Im Laufe der Zeit wurden diese innen morsch und hohl. Oft genug dienten sie Kindern als Spielbaum. In einem dieser Bäume verklemmte sich einmal ein Junge mit seinem Knie so, daß er aus eigener Kraft nicht mehr herauskam. Eine Fußgängerein erschreckte sich sehr, als sie abends nach Hause ging und aus dem Baum Hilferufe hörte. Sie alarmierte die Feuerwehr, die dann den Jungen befreite.

Nach und nach wurde das Brachland an der Kleinen Kliedbruchstraße bebaut. Und auch am Immenhofweg betätigten sich Anfang der fünfziger Jahre Baulustige. Die ersten Bauherren dort kamen über den Keller nicht hinaus. Zu jener Zeit entstand in dieser Gegend auch eine Metzgerei namens Huth.

Viel Verkehr gab es damals im Kliedbruch noch nicht. 1957 beispielsweise gab es am Winnertzweg ca. 8 Häuser und 3 Kraftwagen. Der Bau der Nordtangente wurde 1967 in Angriff genommen. Bis dahin war dort im Bereich von Kliedbruchstraße bis Breitendyk ein Schuttabladeplatz mit einem schmalen Verbindungsweg zwischen diesen beiden Straßen. Ein Abzweig ging zum jetzigen Reitweg. Die Besiedlung des Kliedbruchgebietes wurde immer dichter. In den siebziger Jahren wurde an der Kliedbruchstraße der Oelhausen-Rundweg geschaffen. Das einzige dort stehende sehr alte Haus der Gemüsegärtnerei Vellmanns wich der Bebauung.

Das Montessori-Schulzentrum entstand am Minkweg. Nach vielen Bemühungen wurde dann Anfang der achtziger Jahre der Radfahr- und Fußweg entlang des Hökendyks angelegt, der die Verkehrssituation für Fußgänger und Radfahrer wesentlich entschärfte.

Redaktion: Helmut Peters

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