Was man über das Kliedbruch wissen sollte

Der Stadtbezirk Kliedbruch zählt heute mit zu den bevorzugten Wohnbezirken Krefelds. Obwohl er von zwei stark frequentierten Verkehrsadern – Nassauer Ring und Moerser Straße – durchschnitten wird, erklärt sich seine hohe Wohnqualität aus einer Reihe besonderer Vorzüge. Das sind einmal seine Lage zwischen dem Stadtwald im Osten und dem Hülser Bruch im Nordwesten. 

Das Stadtzentrum erreicht man zu Fuß in etwa 15 Minuten und schon in 5 Minuten ist man mit dem Auto auf der Autobahn. Seine Bebauung ist großzügig, fast nur Einfamilienhäuser, kein Haus ohne Garten und ein reichlicher Baumbestand. Das Kliedbruch ist ein junger Stadtbezirk im Vergleich zu Bockum, Hüls, Oppum oder Verberg; Orte, die auf eine frühzeitige Siedlungsgeschichte zurückblicken können. Insofern wundert es nicht, wenn man in Annalen und Chroniken vergeblich nach Hinweisen über die Besiedlung des KIiedbruchs sucht.

Aus früherer Zeit.

In alten Karten, wie etwa der “Karte der Herrlichkeit Krefeld”, findet man das Kliedbruch als sogenannte Bruchlandschaft im Grenzbereich zwischen der “Herrlichkeit Crefeld” und dem kurkölnischen Amte Kempen verzeichnet. In einer Abhandlung (Kurkölnisch Moersische Grenz- und Torfstreitigkeiten im Kliedbruch und Waldwinkel im 16. und 17. Jahrhundert. Von Richard Verhuven, Hülserberg, Die Heimat, Band 6, Seite 63) findet man folgende Beschreibung: “Das Hülser- und Kliedbruch mit dem dazwischen liegenden Hülserberg galt in den früheren Jahrhunderten als eine wilde, unwirtliche und unbewohnte Gegend. Dichtes Gehölz, Heide und sumpfige Niederungen verliehen ihr ein unkultiviertes Gepräge, so daß man sie wohl damals nicht mit Unrecht als “die wilde Niep oder Klied” genannt hat. Wilde Pferde, Wildschweine und Wölfe hatten in dieser Unwirtlichkeit noch vor hundertfünfzig Jahren ihren Aufenthalt. Zweifelhafte und lichtscheue Elemente suchten und fanden hier in unsicheren Zeiten einen Schlupfwinkel, der ihnen insoweit noch besonders günstig war, als in der Nähe im Waldwinkel die Grenzen des Herzogtums Geldern und der Grafschaft Moers mit der von Kurcöln zusammenstießen. Eine vorzügliche Gelegenheit für das damalige Raubgesindel, das im Falle der Verfolgung schnell in ein anderes Territorium flüchten konnte, wo es vorerst sicher war. Die jenseits der Grenze liegenden geldernschen und moersischen Höfe waren zum Schutz gegen räuberische Überfälle durchweg fast alle mit tiefen Gräben und Wällen umgeben.”

Von besonderer Bedeutung für die damalige Zeit war das Kliedbruch wegen seines Torfvorkommens. Torf war neben Holz der wichtigste Brennstoff. Kohle war als Brennmaterial noch völlig unbekannt und man hätte auch keine geeigneten Öfen zum Verbrennen von Kohle gehabt. Wegen der Bedeutung des Torfes hatten demzufolge alle umliegenden Orte Nutzungsrechte an der Torfgewinnung im Kliedbruch, wo es einen besonders guten Torf gab. Es war deshalb nur zu verständlich, daß es oft zu Grenzstreitigkeiten zwischen den Anliegern kam, insbesondere zwischen der Grafschaft Moers und dem kurkölnischen Amte Kempen.

Mit zunehmender Besiedlung und dem Ausbau der Verkehrswege änderte sich die Lage im Kliedbruch. Torf hatte nicht mehr die Bedeutung als Brennmaterial, er wurde nach und nach von der Kohle abgelöst und es kam auch zu einer grundlegenden Änderung in der Nutzung des Geländes durch die Landwirtschaft. Aus dem “wilden Klied” wurde eine freundliche Bruchlandschaft vor den Toren der Stadt.

Krefelder Bürger durchwanderten das Kliedbruch mit dem Hülser Berg als Ziel. In einer kleinen Schrift (Crefeld in Wort und Bild. Ein Führer durch Stadt und Umgebung, 1896.) heißt es dazu: “Ein anderer gleichfalls lohnender Weg führt von der Traarer Chaussee aus, über die Nieperstraße und dem Steeger Dyk dem Berge zu. In der Nähe des Weges liegen die Niepkuhlen, die Reste eines alten Rheinarmes (Anm.: Nach heutiger Aufassung handelt es sich bei den Niepkuhlen um ein eigenständiges Fließsystem, welches sein Wasser aus dem Grundwasser bezieht.). Zwischen Nieperstraße, Hüls und Hülserberg zieht sich das Kliedbruch hin, reich an fettem Mergel, “Klei” genannt. In uralter Zeit fluthete hier das Meer. Angestellte Bohrungen nach Steinkohlen förderten viele Seemuscheln zu Tage. …” Und an späterer Stelle heißt es dann weiter: “Auch wenn an einem Herbstabende dichte Nebel das Bruch überziehen, ist es hier interessant.” – “Die Gegend schaut mich so dunkel, Gespenstig unheimlich an, Plötzlich mit lichtern Gefunkel, Betritt der Mond seine Bahn.” 

Die dezente Schönheit und Beschaulichkeit der Bruchlandschaft lockte auch so manchen Maler an, besonders aus der Düsseldorfer Schule.

Auch heute noch lohnt eine Wanderung vom Kliedbruch ausgehend durch das Hülser Bruch. Natürlich findet man nicht mehr die Artenvielfalt früherer Zeiten, doch gibt es noch genügend Interessantes zu sehen. So findet man beispielsweise am “Sankert”, das ist das Gelände zwischen dem Hökendyk und dem Flünnertzdyk, Flächen, die uns auch heute noch eine kleine Vorstellung von der Artenvielfalt früherer Zeiten vermitteln. Ausgesuchte Wanderwege sind in dem sehr zu empfehlenden Büchlein von Quitzow und Schraetz, “Neue Krefelder Naturpfade”, herausgegeben vom Naturwissenschaftlichen Verein zu Krefeld e.V. in Verbindung mit dem Verein Linker Niederrhein e.V., Krefeld, ausführlich beschrieben.

Zur Geologie des KIiedbruch

Die Erforschung des Untergrundes des Gebietes, auf dem wir leben, ist eine Angelegenheit der Geologen. Eine ausführliche Beschreibung findet man in “Erdgeschichte des Krefelder Raumes” von Karl N. Thome (Niederrheinische Landeskunde Band VIII, 5.93-116, 1983). Dieser kann man entnehmen, daß der Untergrund des Stadtgebietes von Krefeld drei unterscheidbare Stockwerke bildet.

Unter einer etwa 20 bis 40 Meter mächtigen Decke von eiszeitlichen Ablagerungen, die etwa vor einigen Jahrhundenttausenden erfolgten, liegt eine bis zu 300 Meter mächtige Schicht von Meeressanden, die mindestens älter als 25 Millionen Jahre ist. Dabei handelt es sich um die erdgeschichtliche Periode der Meeresüberflutung aus dem oberen bis mittleren Oligozän, einem Unterabschnitt des Tertiärs (dies umfaßt etwa einen Zeitabschnitt von 10 Millionen Jahren bis 65 Millionen Jahren).

Das unterste Stockwerk, also tiefer als 300 Meter unter uns, bildet das Grundgebirge aus dem Erdaltertum, dem Oberkarbon vor etwa 290 bis 360 Millionen Jahren. Aus diesem Zeitalter finden sich flözführende Schichten nördlich von Krefeld auf einer Linie von Traar bis Hüls, während südlich davon flözleere Schichten vorliegen. Im Untergrund des Kliedbruch liegen also keine abbaufähigen Steinkohlenvorkommen.

Die eiszeitlichen Ablagerungen führten zu zwei Rheintalböden über dem Stadtgebiet von Krefeld, der Krefelder Mittelterrasse und der Krefelder Niederterrasse. Die Terrassen als ehemalige Rheinbetten zeigen noch heute das Gefälle des sie überfließenden Stromes. Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, daß der Rhein in damaliger Zeit bei Hochwasser in Krefeld eine Breite von etwa 18 Kilometern hatte.

Das Kliedbruch liegt auf der Niederterrasse, aus der sich an der Nordgrenze die Hügel des Hülser Berges und des Egelsberges erheben, deren Bildung in dem Drenthe-Stadium (so benannt nach der niederländischen Provinz Drenthe; es handelt sich um ein älteres Stadium der Saale Eiszeit) erfolgte.

Zur Infrastruktur des heutigen Kliedbruch (alle Angaben ohne Gewähr)

Schulen, Kirchen, Kindergärten

Im Bezirk befinden sich

..die Bischöfliche Maria Montessori-Schule (Grundschule, Minkweg 28) (Gesamtschule, Minkweg 26)

..die St. Hubertus-Kirche am Hohen Dyk (seit 1959)

..das Montessori-Kinderhaus St. Hubertus am Hohen Dyk 128

Sportstätten

Mit Sportstätten ist der Bezirk gut ausgestattet, so daß den Bewohnern des Kliedbruch vielfältige Möglichkeiten zur Ausübung des Sports geboten werden.

..die Hubert-Houben-Kampfbahn für Schulsport; für den Sportclub Preußen Krefeld;

..Fußball und Leichtathletik für MTV (Mädel Turnverein)

..den Postsportverein

..die Tennisanlagen Nesic am Winnertzweg 29
..die SVK Schwimmanlage an der Palmstraße

..den Tennisclub Schwarz-Gelb

..die Reitställe: Kühnen, Heinrichshof, Luisenhof (Steves)

Geschäfte/Geldinstitute

Im Bezirk befinden sich die erforderlichen Einkaufsstätten für die Grundversorgung der Bewohner. Es sind vorhanden:

..Sparkasse Krefeld Moerser Str./Ecke Breitendyk

..Lebensmittel (3)

..Bäckereien (2)

..Fleischerei (1)

..Friseur (1)

..Blumen (1)

..Antiquitäten (3)

..Mode (1)

..Gaststätten (2)

..Tankstellen (1)

Verkehrssituation im KIiedbruch

Fragen des innerstädtischen Verkehrs und der Verkehrsanbindung von Wohnbezirken und Stadtteilen an die Hauptverkehrswege sind gegenwärtig von besonderem Interesse und werden demzufolge öffentlich heftig, oft konträr diskutiert. Das gilt auch für den Kliedbruch. Insofern darf eine kurze Darstellung der derzeitigen Probleme im Kliedbruch nicht fehlen.

Vor fünfzig Jahren waren Verkehrsprobleme im Kliedbruch nahezu unbekannt. Heute durchschneiden zwei wichtige Verkehrsadern den Bezirk. Allein die Zahl der Pendler, die täglich ihren Arbeitsplatz in Krefeld mit dem Auto aufsuchen, schätzt man auf mehr als 35.000. Ein großer Teil davon kommt aus dem Raum Moers und strömt über Moerser Straße und Nassauer Ring in die Stadt. Auch in umgekehrter Richtung bewegen sich unzählige Autos und Lastkraftwagen über diese Straßen stadtauswärts. Es wundert dann nicht, wenn Umgehungswege gesucht werden und dabei die mehr für den Anliegerverkehr gedachten Straßen in Anspruch genommen werden.

Über folgende Straßen wird und wurde diskutiert, nachgedacht und wurde geplant: 

Breitendyk

Hier ist das Verkehrsaufkommen besonders in Zeiten des Berufsverkehrs hoch. Vielfach wird zu schnell gefahren. Und teilweise zusätzlich riskant überholt. Ein Überholverbot – wie z.B. auf der Moerser Straße ab Nassauer Ring stadtauswärts – würde zu einer gewissen Beruhigung und mehr Verkehrssicherheit führen.

Dahlerdyk

Für diese Straße hat die Verwaltung Pläne in der Schublade mit dem Ziel einer Beruhigung des leidigen Durchgangsverkehrs. Doch fehlen derzeit die Mittel zum Ausbau und es bedarf noch abschließender Abstimmungen mit den Anliegern.

Hökendyk

Die Situation auf dieser Straße mit einem besonders schönen Baumbestand ist ausgesprochen kritisch und Anlaß für heftige Proteste der Anlieger wegen des starken, in beiden Richtungen stattfindenden Autoverkehrs. Viele, leider zu viele Autofahrer, benutzen diese Straße als “Schleichweg”. Allerdings nicht im Sinne der Geschwindigkeit. Die Straße ist für den auf ihr ablaufenden Verkehr zu schmal und verleitet wegen ihres schnurgeraden Verlaufes zu überhöhter Geschwindigkeit. Die Folge davon sind Unfälle. In den Diskussionen um eine Lösung wurden viele Vorschläge gemacht. Ein kürzlich vorgelegter Verwaltungsvorschlag, den man zumindest für eine begrenzte Zeit als Versuch hätte erproben können, wurde in einem zur Stellungnahme aufgeforderten Gremium abgelehnt. Der Ruf nach einem sogenannten “Generalplan” kommt ziemlich spät, und er wird die prekäre Situation nicht kurzfristig lösen.

Krüllsdyk

Die Verwaltung plant den Ausbau dieser Straße. Die Anlieger haben dazu bestimmte Vorstellungen in einer Anliegerversammlung deutlich zur Kenntnis gegeben. Die Erwartungen der Anlieger konzentrieren sich auf die noch ausstehenden endgültigen Pläne mit der Hoffnung auf einen akzeptablen Ausbauplan.

Bebauung im Kliedbruch

Vor 70 Jahren gab es im Bezirk Kliedbruch in seinen heute gültigen Grenzen circa 7 oder 9 Häuser. Die genaue Zahl ist nicht mehr feststellbar. Die Bewohner dieser Häuser waren keine Bauern, sondern Seidenweber.

An der Ecke Breitendyk/Krüllsdyk gab es eine Färberei und die chemische Fabrik Pelzer. Und je nach vorliegendem Färbeauftrag waren die damals noch wasserführenden Gräben blau, grün oder gelb gefärbt. Die Bewohner vom Minkweg, der damals noch nicht ausgebaut war, mußten, wenn sie sonntags zur Kirche im Inrath wollten, die Strecke bis zur Kliedbruchstraße in Gummistiefeln zurücklegen. Erst dann konnten sie sich ordentliches Schuhwerk anziehen.

Die zunehmende Bebauung setzte erst zu Beginn der dreißiger Jahre ein. Die Versorgung mit Strom begann im Jahre 1933.

Bevölkerung im Kliedbruch

Im Kliedbruch wohnten am 01.01.1988 5.216 Einwohner, davon 227 ausländische Mitbürger.

Schlußwort

In der vorliegenden Abhandlung wurde versucht, eine hinreichende Beschreibung des Wohnbezirks Kliedbruch zusammenzustellen. Dennoch werden mit Sicherheit Lücken und verbesserungsfähige Passagen vorhanden sein. Aber vielleicht ist die Darstellung tauglich für Historiker und Chronisten mit dem Ziel einer geschlosseneren und lückenloseren Geschichtsschreibung des Kliedbruchs.

(alle Angaben = Stand 1989)

Redaktion: Helmut Peters

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